Das große „Tut uns leid“Empathie Konzert: Eine Symphonie der Ineffizienz in Moll

Ach, Empathie im Kundenservice! Dieses Wundermittel, das uns in jeder Warteschleife und jeder standardisierten Antwort begegnet. Man könnte meinen, wir leben im Zeitalter des Mitgefühls, so inflationär, wie uns diese pseudo-emotionale Brühe serviert wird. Aber hey, wer braucht schon echte Lösungen, wenn man mit vorgefertigten Textbausteinen zugetextet wird, die so individuell sind wie ein Pauschalurlaub auf Malle?

„Es tut uns leid, dass Sie Unannehmlichkeiten hatten.“ Ja, klar, das klingt so aufrichtig, als würde mein Hamster gerade Steuern hinterziehen. Und dann diese Floskeln, die klingen, als hätte ein Algorithmus sie unter dem Aspekt maximaler Gefühlsseligkeit optimiert. „Wir verstehen Ihre Frustration.“ Verstehen Sie wirklich? Haben Sie auch stundenlang in der Leitung gehangen, nur um dann eine Antwort zu bekommen, die so hilfreich ist wie ein Regenschirm in der Wüste? Ich bezweifle es.

Und der Gipfel der Absurdität? Die Empathie-Messung per KI! Da sitzen dann irgendwelche Algorithmen und analysieren, ob die Stimme des Servicemitarbeiters auch genügend „Betroffenheit“ transportiert. Ob die Wortwahl die richtige Dosis an „Verständnis“ aufweist. Aber fragt irgendjemand, ob das Problem des Kunden tatsächlich gelöst wurde? Natürlich nicht! Hauptsache, der „Empathie-Score“ stimmt. Das ist doch Kundenzentrierung par excellence!

Man könnte fast meinen, Unternehmen haben ein neues KPI entdeckt: „Anzahl der Empathie-Floskeln pro Kundenkontakt“. Und der Gewinner bekommt einen goldenen Smiley-Button. Herzlichen Glückwunsch!

Der ganze Zirkus erinnert mich auf erschreckende Weise an George Orwells „Neusprech“. Wörter werden ihrer eigentlichen Bedeutung entleert und zu bloßen Hülsen degradiert. Empathie wird zum Marketinginstrument, zur leeren Worthülse, die den Mangel an tatsächlicher Kundenorientierung kaschieren soll.

Ich bin nicht der Einzige, dem dieser zynische Umgang mit Empathie sauer aufstößt. Die Autorin und Wirtschaftspsychologin Frau Dr. Frauke von Bieberstein beispielsweise kritisiert in ihren Publikationen immer wieder die Oberflächlichkeit und die reine Fassade, die viele Unternehmen im Bereich Kundenservice aufbauen. Sie betont, dass echte Empathie aus einer inneren Haltung resultiert und nicht durch standardisierte Phrasen ersetzt werden kann. Sie sagt sinngemäß, dass Kunden sehr wohl spüren, ob eine Entschuldigung oder ein Verständnis wirklich gemeint ist oder nur als Mittel zum Zweck eingesetzt wird.

Auch der Marketingexperte Seth Godin hat sich in seinen Blogs und Büchern mehrfach kritisch zu dieser Art von aufgesetzter Freundlichkeit geäußert. Er argumentiert, dass Authentizität und echte Bemühungen, Kundenprobleme zu lösen, viel wertvoller sind als jede noch so empathisch klingende Standardantwort. Er würde wahrscheinlich sagen, dass diese Art von „gefühlvollem“ Kundenservice nichts weiter als „Permission Marketing“ in seiner schlechtesten Form ist – man versucht, sich durch pseudo-emotionale Ansprache die Erlaubnis zu erschleichen, den Kunden weiterhin mit Ineffizienz zu belästigen.

Und was ist mit den armen Servicemitarbeitern? Die werden in Empathie-Schulungen gedrillt, bekommen Leitfäden mit vorgefertigten Sätzen in die Hand gedrückt und müssen dann am Telefon oder im Chat so tun, als würden sie das Schicksal jedes einzelnen Kunden persönlich erleiden. Dabei sind sie oft selbst frustriert, weil sie keine echten Befugnisse haben, Probleme zu lösen. Sie werden zu Marionetten einer Empathie-Inszenierung, die für alle Beteiligten demotivierend ist.

Diese ganze Scheinheiligkeit gipfelt dann in den besagten KI-Analysen. Da wird der Tonfall bewertet, die Wortwahl seziert und am Ende kommt ein „Empathie-Score“ heraus, der rein gar nichts darüber aussagt, ob der Kunde zufrieden ist oder sein Problem gelöst wurde. Es ist, als würde man die Qualität eines Restaurants anhand der Freundlichkeit der Begrüßung messen, ohne jemals das Essen probiert zu haben.

Liebe Unternehmen, hört auf damit! Hört auf, Empathie als billige Marketingmasche zu missbrauchen. Investiert lieber in gut ausgebildete Mitarbeiter, die befugt sind, Entscheidungen zu treffen und Kundenprobleme effizient zu lösen. Seid authentisch, seid ehrlich und vor allem: seid hilfreich! Echte Empathie zeigt sich nicht in leeren Worten, sondern in Taten. Und Taten sprechen bekanntlich lauter als tausend „Es tut uns leid für die Unannehmlichkeiten.“

Wenn ihr wirklich wissen wollt, wie sich Empathie anfühlt, dann versetzt euch doch einfach mal in die Lage eurer Kunden. Stellt euch vor, ihr habt ein dringendes Problem, hängt stundenlang in der Warteschleife, bekommt dann eine nichtssagende Antwort und werdet am Ende noch von einer KI bewertet, ob ihr auch artig genug wart. Na, fühlt sich das empathisch an? Eben.

Also, lasst uns diese Empathie-Farce beenden. Lasst uns zurückkehren zu einem Kundenservice, der sich wirklich um die Anliegen der Kunden kümmert und nicht nur um den „Empathie-Score“. Denn am Ende des Tages zählt nicht, wie gefühlvoll die Entschuldigung klingt, sondern ob das Problem gelöst wurde. Und da hapert es in der „Empathie-Hochburg“ Deutschland leider noch gewaltig. Vielleicht sollten wir einfach mal wieder anfangen, miteinander zu reden – ehrlich und auf Augenhöhe. Ohne vorgefertigte Textbausteine und ohne KI-Bewertung. Nur so viel dazu.